SPD Ammerbuch

 

Der Beschenkte zahlt selbst!

Veröffentlicht in Bundespolitik

Mit einer Kompensation für die Länder werden die Steuersenkungen der Regierung noch unsinniger - von Peter Fahrenholz (Süddeutsche Zeitung).
In der Politik liegen Lüge und Wahrheit dicht beieinander. Sie sind oft auch deshalb nicht strikt voneinander zu trennen, weil hier Dinge noch als Wahrheit durchgehen, wenn sie nicht direkt gelogen sind, sondern nur die Fakten im Lichte der jeweiligen Erkenntnisse neu interpretiert werden. Manchmal sind Lüge und Wahrheit aber sogar dasselbe: So bei den Steuergeschenken der Bundesregierung, die beschönigend Wachstumsbeschleunigungs-Gesetz heißen.

Es werde nicht dazu kommen, dass man sich die Zustimmung eines Landes im Bundesrat abkaufen lasse, heißt es in Berlin. Gerhard Schröder hatte es im Jahr 2000 gemacht: Um seine Steuerreform im Bundesrat durchzubringen, hat er einfach den Berliner Bürgermeister Eberhard Diepgen eingekauft und das Unionslager damit nachhaltig düpiert. Dass sich so etwas nicht wiederholen wird, ist insofern die Wahrheit, als in der Tat nun nicht ein einzelnes Land herausgekauft wird, sondern es werden gleich alle gekauft. Damit aber ist zugleich als Lüge entlarvt, dass es kein politisches Gegengeschäft geben wird, um die Geschenke der neuen Regierung über die parlamentarischen Hürden zu bringen. Es hat einen solchen Basar-Handel immer gegeben, er gehört sozusagen zu den Grundregeln. Aber diesmal ist er der schwarz-gelben Koalition besonders wichtig, die mit ihrem wichtigsten Projekt nicht schon am Start Schiffbruch erleiden will.

Mit diesem Gegengeschäft wird das Projekt aber noch grotesker, als es ohnehin schon ist. Die Bundesregierung macht Geschenke, die sie sich wegen des prekären Zustandes der Staatsfinanzen eigentlich gar nicht leisten kann. Die Länder verlangen einen Ausgleich für die Mindereinnahmen, die diese Geschenke zur Folge haben. Der Bund verspricht eine Kompensation irgendwo anders, wie auch immer die am Ende aussieht. Die Regierung kompensiert also Mindereinnahmen, die es ohne sie erst gar nicht gegeben hätte. Damit aber werden die Geschenke für den Bund selbst noch teurer als gedacht, denn neben den eigenen Steuerausfällen kommt ja noch das Geld für die Kompensation dazu. Am Ende werden die Steuerzahler die Rechnung bezahlen müssen, denn wer Geld ausgibt, das er nicht hat, muss es an anderer Stelle wieder hereinholen. Der Beschenkte zahlt also sein Geschenk selbst. Ist das jetzt politischer Betrug oder eher Selbstbetrug der Regierung? Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem.

Es ist nicht erstaunlich, dass nahezu alle Fachleute die Regierungspläne ablehnen. Erstaunlich hingegen ist, dass die CDU, bei der viele in der jetzigen Lage den Steuergeschenken von Anfang an skeptisch gegenüberstanden, sich nicht stärker wehrt. Sie ist von CSU und FDP in die Zange genommen worden. Sicher, jede Koalition verlangt Kompromisse, insofern hat jede Koalition ihren Preis. Für die CDU, die auch in vielen Bundesländern und Kommunen Verantwortung trägt, könnte sich erweisen, dass der Preis für diese Koalition zu hoch war.

[Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr.289, Dienstag, den 15. Dezember 2009 , Seite 4]
 

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